27.04.2013 - v.a. Ober-/Niederbayern - Unwetter mit Hagel
Synoptische Übersicht:
Eine sich nur sehr langsam südostwärts verlagernde Luftmassengrenze teilte Deutschland in einen großen nasskalten Nordwesten und einen kleinen feuchtwarmen Südosten. An der Luftmassengrenze selber kam es dabei seit Freitag, dem 26.04., zu Dauerregen in weiten Teilen Deutschlands, der für eine deutliche Abkühlung sorgte. Im Südosten hingegen wurden noch einmal frühsommerliche Temperaturen bis 26°C erreicht. Schwerpunkt der mäßig energiegeladenen Luft war Niederbayern.
Die Windscherung jedoch, insbesondere Geschwindigkeitsscherung, war relativ stark, was durch einen starken Föhn verursacht wurde, der die warme Luftmasse über die Alpen heranführte. Infolge dessen konnte sich ab Mittag ein Leetief ausbilden, das starke Konvektion begünstigte.
Für April sehr warme und labile Gewitterluft floss in den Südosten Deutschlands, Grafik: wetter3.de
Gewitterentwicklung:
Erste Auslöse gab es am späten Nachmittag im Pfaffenwinkel (Oberbayern) mit einzelnen Gewitterzellen. Später kamen weitere hinzu und zogen als Cluster Richtung Nordosten in den Großraum München. Am späten Abend erreichten einige der Gewitter die Donau und den Bayerischen Wald um sich dann deutlich abzuschwächen. Letzte gewittrige Schauer bildeten sich noch in einem Streifen von Ostwürttemberg bis zum Erzgebirge, die aber meist keinen Unwettercharakter hatten.
Sturmjagdvideo von Martin Zoidl: http://www.youtube.com/watch?v=jakaicyX8MQ
Organisierte Gewitterzellen bei Wolfratshausen, Foto: Tobias Hämmer
Schäden:
Bei einigen der Zellen im Isartal, insbesondere in der Region München und Landshut (Niederbayern), muss von Superzellen ausgegangen werden. Diese brachten sehr starke Niederschläge in Form von Platzregen und großem Hagel mit sich.
Schäden gab es vor allem durch überflutete Keller und zerbeulte Autos. Ansonsten hielten sich aufgrund der mangelnden Vegetation die Schäden in der Landwirtschaft durch Hagelschlag in Grenzen. Aber auch jenseits des Böhmerwaldes kam es in Tschechien zu schweren Unwettern.
Auch hier waren höchstwahrscheinlich zwei Superzellen beteiligt. Die nachfolgenden Zellen am späten Abend brachten zum Teil Graupel und kleinen Hagel und nur in Ostwürttemberg indirekte Schäden durch glatte Fahrbahnen.
Chasingberichte:
Einen beeindrucken Bildbericht von Walter Stiegelmair zu einer der Zellen finden Sie hier http://www.wzforum.de/forum2/read.php?8,2654757
Presselinks:
http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/76 ... ungen.html
17.05.2013 - v.a. Mitte und Bayern - Unwetter mit Sturzflut
Synoptische Übersicht:
Eine markante Luftmassengrenze lag über Deutschland, die zu einem extremen Ost-West-Gefälle der Temperatur führte. So wurden in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz insbesondere in der Eifel Werte von weniger als 10°C gemessen.
Hingegen stieg das Thermometer vor allem im Raum Berlin und Ostbrandenburg auf über 25°C. Beide Luftmassen waren jedoch recht feucht. Im Südwesten fiel vielerorts bereits seit der vergangenen Nacht gebietsweise kräftiger Regen.
In die Nordosthälfte strömte subtropische Luft ein. Durch die quasistationäre Luftmassengrenze über Deutschland bildete sich östlich davon im Laufe des Tages eine Konvergenzlinie. Die Luft war mäßig energiegeladen.
Die Scherung erreichte recht hohe Werte, jedoch fehlte vielerorts der Hebungsantrieb. Die Konvergenzlinie selbst war nur schwach ausgeprägt und konnte bei der meist schwachen Einstrahlung durch frühzeitige Bewölkung nicht ihre volle Wirkung entfalten.
Die Scherung konnte nur in seltenen Fällen für organisierte Strukturen sorgen. Verclusterung und retrograde Entwicklungen bestimmten den Tag im Wesentlichen.
Starke Austrogung über Eurpoa mit feuchtwarmer Luft über Ost- und Süddeutschland, Grafik: wetter3.de
Gewitterentwicklung:
Die ersten Gewitter entwickelten sich entlang der Konvergenzlinie in einem Streifen von Oberbayern bis nach Oberfranken. Diese waren zum Teil sehr kräftig und gingen zum Teil mit Hagel und Sturmböen, vor allem aber mit Starkregen einher.
Darauf folgte orographische Aulöse am Böhmerwald und vereinzelt im Vogtland, insbesondere aber am Thüringer Wald, der mit der Konvergenzlinie dergestalt wechselwirkte, dass sich eine Gewitterlinie bildete, die nach Hessen hineinragte und sich nur langsam fortbewegte. Am Abend verclusterten die Zellen in Bayern sehr stark und hinterließen skaligen Regen. Nur am Böhmerwald entwickelten sich weitere Gewitter.
Der Gewitterschwerpunkt verlagerte sich jedoch auf Thüringen, wo die Konvergenzlinie für ausreichend Hebung der energiegeladenen Luft in Südthüringen und im Thüringer Becken sorgte. Daraus entwickelten sich kräftige, langsam ziehende Gewitter.
Parallel hierzu bildeten sich isolisierte Gewitter in Brandenburg, die von der länger anhaltenden Einstrahlung profitierten. Diese Entwicklungen waren jedoch meist nur kurzlebig und setzten sich im Laufe des Abends Richtung Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen fort.
Sie bildeten in der Nacht zu Samstag jedoch ein kräftiges Cluster, das im äußersten Nordwesten abzog. Die Gewitter aus Thüringen erreichten in der Nacht das südliche Niedersachsen.
Video des Unwetteraufzuges in Erfurt: http://www.youtube.com/watch?v=6aGzItGoKgI
Die Gewitter verliefen retrograd entlang der Luftmassengrenze, Grafik: lightningmaps.org
Schäden:
Unwetterschäden traten vor allem in Ostbayern, Osthessen (Raum Bad Hersfeld) und Thüringen (v.a. Süd-, West- und Nordthüringen sowie Raum Erfurt) durch Überflutungen auf. Obwohl viele der Gewitter keine besonders hohen Niederschlagsraten aufwiesen, so kamen vor Ort doch teilweise beträchtliche Niederschlagssummen von über 40 Litern pro Quadratmeter zusammen, was vor allem an der langsamen Zuggeschwindigkeit oder retrograden (rücklaufenden) Gewittern lag.
Mit zunehmender Verclusterung erreichte das System außerdem eine beträchtliche Größe.
Presselinks:
Bayern:
http://www.pnp.de/region_und_lokal/land ... tml?ref=lf
http://www.mittelbayerische.de/index.cf ... &pk=916764
http://www.mittelbayerische.de/nachrich ... sburg.html
Hessen:
http://osthessen-news.de/J/1231517/bad- ... athus.html
http://www.hersfelder-zeitung.de/nachri ... 12434.html
Thüringen:
20.06.2013 - Deutschland - Kaltfrontdurchgang Tief "Manni"
Synoptische Übersicht 20.06.2013
Deutschland gelangte auf die Vorderseite eines ausgeprägten westeuropäischen Troges mit eingelagertem Höhentiefkern über Frankreich. Dabei beherrschte feuchtheiße Luft das Temperaturniveau im größten Teil Deutschlands. Am Westrand eines Hitzetiefs über dem Osten und Nordosten Deutschlands hatte sich bereits am Morgen eine erste Konvergenzlinie entwickelt, an der verbreitet unwetterartige Konvektion in Erscheinung trat. Im weiteren Verlauf zog diese Konvergenzlinie Nord - Nordostwärts und erreichte, nachdem eben diese weite Teile des Landes überquerte, in den Abendstunden Brandenburg und Berlin.
Energiereiche Luftmassen wurden über die Alpen transportiert und von Westen ersetzt, Grafik: wetter3.de
Gleichzeitig griff am frühen Abend die Kaltfront auf den Südwesten des Landes über und konnte dort eine organisierte Gewitterlinie ausbilden. Diese Linie passierte Deutschland mit teilweise heftigen Unwettern, da vor allem in den südlichen und mittleren Bundesländern ein dynamischer und frontbezogener Hebungsantrieb einsetzte. Im Verlauf der Nacht schwächte sich diese Linie jedoch ab, nur noch vereinzelt kam es zu Unwettern.
Quelle: http://www.estofex.org
Gewitterentwicklung:
Quelle: http://www.blids.de
Bereits in den Morgenstunden entwickelten sich im Saarland und Rheinlandpfalz massive Gewitter, welche vor allem durch Starkniederschläge und Hagelschlag auf sich aufmerksam machten, aber auch schwere Sturmböen waren eine Begleiterscheinung der Unwetter. Die oben beschriebene Konvergenzlinie formierte sich in diesem Bereich und griff Nord – Nordostwärts auf den Westen und die Mitte des Landes über.
Bis zum Vormittag war die kaltfrontähnliche Konvergenzlinie über Rheinlandpfalz, das Saarland und Teile Hessens hinweggezogen um schließlich auf Nordrhein-Westfalen überzugreifen. Betroffen waren zunächst das Rheinland, der Rheinsieg-Kreis sowie angrenzende Gebiete, im weiteren Verlauf insbesondere das Münsterland, das Ruhrgebiet und Ostwestfalen-Lippe.
Zum Nachmittag überquerte die Front Nordrhein-Westfalen und brachte unwetterartige Gewitter in den Norden des Landes. Gleichzeitig baute die Konvergenzlinie nach Südosten an und löste entsprechend in den mittleren und östlichen Bundesländern heftige Unwetter aus, welche teilweise unter Verstärkung bis in die Nachtstunden über Berlin und Brandenburg hinwegzogen.
Ab den frühen Abendstunden formierte sich die wetterwirksame Kaltfront im Südwesten des Landes linienhaft, ebenfalls mit Zugrichtung Nord – Nordost. Unwetter traten zunächst in Baden-Württemberg auf, später ebenso in einem breiten Streifen von Rheinland-Pfalz bis nach Bayern nordostwärts ziehend, ab den späten Abendstunden ebenfalls in Hessen. Im weiteren Verlauf des Abends verclusterte die Linie zunehmend, obgleich es vorlaufend vor allem im Westen Nordrhein-Westfalens einige heftige Gewitter zu beobachten gab.
In der Nacht zog die Linie über die westlichen und mittleren Bundesländer hinweg, Unwetter gab es nur noch vereinzelt.
Schwere Unwetter suchten Südbayern heim und sorgten für Hagel bis über 5cm - Foto 1: Daniel Eggert, Foto 2: Tobias Hämmer
Schäden:
Die gestrigen Unwetter verursachten teilweise massive Schäden. Heftiger Starkregen, Großhagel und Orkanböen suchten die Menschen heim und ließen ettliche Keller volllaufen, Bäume entwurzeln und Gegenstände unter der Wucht der Einschläge zerbersten.
Leider gibt es auch einen Todesfall zu beklagen. In Dülmen kam ein Mann ums Leben, wohl bei Aufräumarbeiten seines überfluteten Kellers.
In Münster wurden 5 Menschen verletzt, nachdem ein Ast auf ein Auto gefallen war.
In Hessen wurden Menschen durch herabstürzende Äste verletzt.
Die vielen materiellen Schadensbilder entnehmen Sie bitte den hier aufgeführten Presseartikeln, da eine Aufzählung den Rahmen sprengen würde.
Deutschland Überblick:
http://www.spiegel.de/panorama/gewitter ... 07041.html
http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... hland.html
http://www.focus.de/panorama/welt/tid-3 ... 20451.html
http://www.abendblatt.de/vermischtes/ar ... leist.html
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft ... 38987.html
NRW Überblick:
http://www.ruhrnachrichten.de/nachricht ... 44,2039833
http://www.derwesten.de/region/rhein_ru ... 93950.html
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/w ... 39,2039188
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/d ... 30,2039077
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/b ... 32,2039065
Überblick Südwesten/Süden:
http://www.volksfreund.de/nachrichten/r ... 79,3561911
Überblick Ostdeutschland:
26.07.2013 - Nord- und Südwesten/Mitte - Heftige Gewitter
Synoptische Übersicht:
Zwischen dem Warmsektor eines Tiefkomplexes und höherem Druck im Südosten befand sich Deutschland in einem barometrischen Sumpf. Der Hochdruckeinfluss bewirkte in weiten Teilen wolkenlosen Himmel, wodurch vielerorts Temperaturen über 30°C erreicht wurden. In tieferen Schichten konnte jedoch feuchtwarme Luft aus dem Südwesten herangeführt werden; dies umso mehr in den Gebieten, die näher am Tiefkomplex lagen.
Typische Sommerwetterlage mit Unwettergefahr, Grafik: wetter3.de
Gewitterentwicklung:
Erste Gewitter zogen am frühen Nachmittag aus den Benelux-Ländern in den Nordwesten Deutschlands. Später kam es am Schwarzwald zu orographischer Auslöse, woraus sich teilweise sehr intensive Gewitter entwickelten, die aber am späten Nachmittag wieder zerfielen. Ebenso schwächte sich auch die Gewitteraktivität im Norden deutlich ab. Es blieb zunächst ein mehr oder weniger starkes Niederschlagsgebiet vom Norden bis zur Mitte zurück. An dessen Südrand entstanden jedoch am Abend heftige Gewitter vor allem über Nordhessen, Südniedersachsen und Nordthüringen. Bei Passage des Harzes lösten sich jedoch auch diese zumeist auf. Letzte gewittrige Schauer gab es am späten Abend noch in der Grenzregion Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern.
Besonders betroffen war jedoch Frankreich.
Besonders auffällig ist die Gewitterzelle entlang des Schwarzwaldes, Grafik: lightningmaps.org
Schäden:
Abgesehen von Frankreich, wo örtlich beträchtlicher Schaden entstand und auch Menschen verletzt wurden, war in Deutschland vor allem der Raum Villingen-Schwenningen im Schwarzwald und der Raum Pforzheim durch Hagel betroffen.
Am schwersten traf es jedoch das Eichsfeld, wo vor allem im Dorf Hauröden Sturmschäden entstanden. Dass es sich dabei, wie in den Medien berichtet wurde, um einen Tornado als Ursache handelte, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bestätigt werden.
Großer Hagel bei Pforzheim - Foto: Erik Christmann
Chasingbericht:
https://sturmjagd.wordpress.com/2013/07/27/26-07-13-schwers-hagelgewitter-bei-pforzheim/
Presselinks:
27.07.2013 - Norden, Westen, Mitte - Superzelle und Co.
Synoptische Übersicht:
Die Druckunterschiede in Deutschland nahmen wieder leicht zu im Gegensatz zum bis 26.07.2013 vorherrschenden barometrischen Sumpf. Jedoch verstärkte sich dadurch die Südströmung und führte noch feuchtere und heißere Luft als zuvor heran. Gleichzeitig war auch die Windscherung deutlich stärker als an den Tagen zuvor, was allgemein bessere Voraussetzungen für organisierte Entwicklungen schuf.
Es bildete sich zudem eine Konvergenzlinie, die mancherorts für ausreichend Hebung sorgte. Das European Storm Forecast Experiment (Estofex) gab für teile des Westens sogar ein Level 3 heraus, was nicht allzu häufig vorkommt und nur dann herausgegeben wird, wenn die Modellrechnungen auf weiträumig schwere Unwetter schließen lassen.
Einschätzung der Lage von Estofex, Grafik: estofex.org
Gewitterentwicklung:
Zunächst wanderten am Vormittag erste Gewitter aus den Benelux-Ländern nach Westdeutschland ein. Es handelte sich dabei um einen recht großen Rest eines mesoskaligen konvektiven Systems (MCS), das sich am Abend zuvor in Frankreich gebildet hatte. Am frühen Nachmittag intensivierte sich die Vorderseite dieses Systems jedoch und wurde zu einer starken Böenlinie (Squall Line), die sich von Westfriesland (Niederlande) bis zur Westfälischen Bucht erstreckte und nordostwärts wanderte.
An ihrem Südende entwickelte sich dabei geradezu lehrbuchhaft eine Superzelle. Durch ihr östliches (rechtes) Ausscheren spaltete sie sich von der Squall Line ab und zog selbstständig ostwärts weiter. Als die Gewitterlinie am Abend über die Schleswig-Holsteinische Ostseeküste abgezogen war, befand sich die Superzelle bereits im Jerichower Land (Sachsen-Anhalt). Hinter der Squall Line entwickelten sich noch einzelne teils kräftige Gewitter von der Nordsee her kommend, während sich im Saaletal insbesondere im Burgenlandkreis (Sachsen-Anhalt) weitere kräftige, gut organisierte Gewitterzellen bildeten.
Die Superzelle bei Braunschweig, Foto: Christian Schöps via Flickr
Am späten Abend löste sich die Superzelle nach über 400km Zugbahn kurz vor Berlin auf. Die letzten Gewitter im Norden zogen über der Ostsee ab und auch die Gewitter in Mitteldeutschland starben in der Sächsisch-Brandenburgischen Grenzregion.
Beeindruckende Zugbahn und Langlebigkeit der Großhagel - Superzelle im Norden, Grafik: lightningmaps.org
Schäden:
Die bedeutendsten Schäden brachte zweifelsohne die Superzelle, vor allem bei der Passage von Hannover. Sie ließ über Stunden von Nordrhein-Westfalen über Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt und Westbrandenburg teilweise extrem großen Hagel mit einem Durchmesser von > 8cm niedergehen. Aber auch Sturmschäden waren zu beklagen, auch durch die Squall Line im Nordwesten.
Hagelvideo aus der Region Gifhorn: http://www.youtube.com/watch?v=lwFxZudVoG8
Weiteres beeindruckendes Video des Hagels: https://www.youtube.com/watch?v=sX3ccViZoAo
Presselinks: