Synoptische Übersicht

 

Ab Montag, dem 26.05.2014 lag Deutschland zunehmend in einer sich bildenden Tiefdruckrinne, die sich von den Britischen Inseln bis zum Kaspischen Meer erstreckte. Diese stellte sich als ein großräumiges Gebiet geringer Luftdruckgegensätze dar, weshalb eine solche Wetterlage auch als Barometrischer Sumpf bezeichnet wird. Das Wettergeschehen ist dort ähnlich tagesgangabhängig wie in den Tropen. Von morgens bis mittags erhitzt sich dieser Bereich, in dem meist feuchtlabile Luft vorliegt, nachmittags bilden sich Gewitter und zur Nacht hin bricht die Gewitteraktivität wieder zusammen.

Die Region des interessantesten Wettergeschehens stellen die Konvergenzlinien dar, die sich bei einer solchen Wetterlage meist an der Achse der Tiefdruckrinne bilden. Am 26.05. lag noch genug Scherung für organisierte Entwicklungen vor, am 27.05. waren die Gewitter jedoch eher stationär und bezogen ihre Intensität vor allem aus der großen Luftfeuchtigkeit. Diese und der Umstand, dass fast ganz Mittel- und Osteuropa von der Gewitteraktivität betroffen war, reichten aus, dass sich aus der Konvektion ein großes Regengebiet entwickeln konnte. Am Anfang noch konvektiv durchsetzt, ging der Niederschlag ab dem Abend des 27.05. komplett in skaligen Regen über.



Dieser hielt im Süden bis Christi Himmelfahrt an, sodass vom 26.05. bis 29.05. örtlich über 100 Liter pro Quadratmeter zu verzeichnen waren.

Gewitter
Eindrucksvolle Gewitterwolke mit so genanntem Whales Mouth bei Maihingen im Nördlinger Ries, Foto: Daniel Eggert

 

 

Gewitterentwicklung:

 

1. Phase: 

Die Gewitterentwicklung begann am frühen Nachmittag des 26.05. vom Niederrhein bis zu östlichen Münsterland am nordwestlichen Ende einer Konvergenzlinie, die bis nach Niederbayern reichte. Diese Gewitter verclusterten sehr rasch und zogen nach Nordwesten weiter, während entlang der Konvergenz insbesondere von Hessen bis Mittelfranken Schauer und Gewitter auftauchten.

Weitaus heftigere Entwicklungen begannen zur gleichen Zeit jedoch vom Schwarzwald über das gesamte deutsche Alpenvorland bis nach Oberösterreich.

Die Gewitter im westlichen Baden-Württemberg verclusterten jedoch auch ab dem späten Nachmittag und der Gewitterschwerpunkt verlagerte sich nun auf den südlichen Bereich der Konvergenzlinie. Aus den mehr oder weniger linienhaft zusammenhängenden Zellkomplexen von der Isar bis nach Unterfranken wurde zum Abend hin ein mesoskaliges konvektives System (MCS), das sich langsam nach Nordwesten bewegte.

Zur selben Zeit lebte die Gewitteraktivität vom Münsterland bis zum südlichen Emsland noch einmal auf, woraus ebenfalls ein kleinräumigeres MCS wurde. Etwa gegen Mitternacht kam die Gewitterentwicklung zum Erliegen, jedoch blieb vom MCS im Süden ein großräumiges Niederschlagsgebiet übrig, das von Nordbayern bis zum Sauerland reichte.

 

2. Phase:

Schon am Morgen des 27.05 bildeten sich die ersten Gewitter in Südbrandenburg an der nun quer über Deutschland liegenden Konvergenzlinie. Diese brachen aber recht schnell wieder zusammen. Jedoch wurde ab Mittag eine weitere Konvergenzlinie wetterwirksam, die südlich der anderen von Thüringen bis nach Tschechien reichte. Die Gewitterentwicklung in der relativ einstrahlungsschwachen Umgebung begann am Erzgebirge, wo orografische Hebung zusätzlich günstige Bedingungen bot.

Zunächst aus intensiven Einzelzellen bestehend verclusterten diese Gewitter und ihr Schwerpunkt verlagerte sich nach Nordosten, wo vor allem der Großraum Dresden betroffen war. Die Verclusterung ging überall so schnell vonstatten, dass meist große, konvektiv durchsetzte Starkregengebiete übrig blieben, die Richtung West-Nordwest zogen. Ab dem späten Nachmittag erreichten dann weitere gewittrige Schauer Ost- und Südbrandenburg, deren Intensität am frühen Abend noch einmal stark zunahm und kurzzeitig ein MCS bildete.

Dieses hinterließ ein riesiges Starkregengebiet, das noch bis zum Morgen des 28.05. bestand, bis es sich mit anderen Niederschlagsfeldern verband.

 

 

 

Schäden:

Fast alle Schäden wurden durch die gewaltigen Regenmengen verursacht. In Sachsen waren vor allem die Regionen um Freiberg, Meißen und Dresden von Sturzfluten und Schlammlawinen betroffen.

In Südostbayern fielen ähnlich hohe Niederschläge, jedoch über einen längeren Zeitraum. Es führte jedoch dazu, dass mehrere Flüsse über die Ufer traten. Schäden durch Sturmböen und Hagel gab es vereinzelt auch im Münsterland und Emsland, diese hielten sich jedoch in Grenzen.

 

 

 

Bemerkenswerte Niederschläge:

 

In Dresden wurden am 27.05. um 17 Uhr 40 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde gemessen, bis zum 28.05. um 8 Uhr waren es sogar 78,9 Liter. Ähnlich war die Situation in Leipzig, wo die Mengen zwar auf eine größere Zeitspanne verteilt waren und damit kaum Schäden auftraten, klimatisch gesehen jedoch durchaus erwähnenswert sind. So fielen vom 27. bis zum 28.05. am Leipziger Institut für Meteorologie 76,7 Liter Regen pro Quadratmeter. Das sind dort rund 153% des durchschnittlichen Monatsniederschlages für Mai in nur 48 Stunden.

Mit den restlichen Niederschlägen aus den vergangenen Wochen kommt diese Wetterstation nun sogar auf 124 Liter oder rund 248% des sonst üblichen Mainiederschlages, was einen Rekord seit Beginn der dortigen Aufzeichnungen darstellt.

 

Weitere Niederschlagsspitzen:

Marktschellenberg/Bayern:100,7 mm

Hoyerswerda/Sachsen: 68,2 mm

Grimma-Kleinbothen/Sachsen: 65,4 mm

(Quelle: Deutscher Wetterdienst)

 

Videobeitrag von WetterOnline zu den Sturzfluten in Sachsen:

https://www.youtube.com/watch?v=rw5vuoaOvBI

 

Chasing-Berichte:

http://www.skywarn.de/forum/viewtopic.php?f=4&t=10992 - Chasingbericht von Daniel Davis

http://www.storm-chasing.de/forum/index.php?page=Thread&threadID=3502 - Chasingbericht von Ronny Kemmler

 

Presselinks:

Links zum 26.05.2014http://www.skywarn.de/forum/viewtopic.php?f=22&t=10990

Links zum 27.05.2014http://www.skywarn.de/forum/viewtopic.php?f=22&t=10991

 

   
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